DESTINATION GALAXY

 

Ein Blick durch die Fensterscheibe des Busses lohnt sich, auch wenn es draußen schon dunkel ist, sternlos und bibelschwarz. Dann erscheint die nächste Bushalte wie ein Lichtkegel im Nichts der Nacht. Durch dieses Nichts hangelt sich die Buslinie von Haltestelle zu Haltestelle. Jede davon ist ein Kapitel in dieser Geschichte, die Wartenden sind ihre Protagonisten. Wer hier ganz früh oder ganz spät steht, möchte vor allem eins: weg. Wer einsteigt, ist eingeladen, auch zuzuschauen.

An der Bushalte

Bedarfshalt

Das Warten an der Bushalte – Bedarfshaltestelle – kann die eigene Zeitempfindung durchaus relativieren. „Wenn Sie hier aussteigen möchten, drücken Sie bitte eine Haltewunsch-Taste.“ Hoffentlich drückt einer. Ungewisse Bis zum Horizont nichts als Landschaft-Gefühle stellen sich ein. Und Vergleiche. Zur Oberfläche des Mondes zum Beispiel, zu Neil Armstrong und Buzz Aldrin. Zu Shackletons Mannschaft auf Elephant Island. Die hat vier Monate gewartet. 

 

ROW YOUR BOAT

ARMES TIER

 

 

 

 

Nicht jeder Bewegungsablauf ist für jede Anatomie geeignet – versuchen etwa Tiere, alltägliche menschliche Tätigkeitsroutinen nachzumachen, wirkt das in den meisten Fällen komisch oder sogar bemitleidenswert. In Videos aufgezeichnet erzielen diese unfreiwilligen Alleinunterhalter auf Internetplattformen Mil-lionen von Klicks.

Die lose Zusammenstellung von Gemälden, unter dem Titel Armes Tier vereint, hat in der Mehrzahl solche tierischen Unzulänglichkeiten zum Motiv – oder zeigt ganz einfach bizarre Lebensformen, die sich nur in der Fiktion der Malerei denken lassen.

 

 

BEENGTE VERHÄLTNISSE

HOTEL DEI CIPRESSI

FIGURA SERPENTINATA

 

Italienische Künstler aus der Epoche des Barock, etwa Bernini oder Giambologna, entwickelten das Kom-positionsprinzip der sog. Figura Serpentinata, um den Gehalt mythologischer Geschichten in einem einzigen Kunstwerk zum Ausdruck zu bringen; körperliche wie geistige Bewegtheit und Affekte der betroffenen Figuren werden in einem Höhepunkt voll dramatischer Ekstase gebündelt. Menschliche Gestalten türmen sich auf, winden sich um sich selbst und umschlingen einander in gewagtesten Positionen. Solch eine Ausgestaltung lässt einerseits die Heroen vergangener sagenhafter Welten in ihrer Erhabenheit erstrahlen; sie lässt aber auch den Wunsch der Künstler erkennen, unter dem Vorwand mythologischer Stoffe menschliche Figuren in extremen Gebärden und aberwitzigen Konstellationen zu erfinden. 

Die Reihe Figura Serpentinata greift dieses Prinzip barocker Figurenkomposition malerisch auf, entbehrt dabei aber sowohl der mythologischen wie auch jeder anderen Bedeutungsgrundlage. Die Tätigkeiten der Figuren wirken dadurch merkwürdig und sinnlos, ihre Antriebe lächerlich pathetisch:  eine – zugegeben sarkastische – Heroisierung des Normalsterblichen unserer Tage.

 

DREICH

DREI FRIESE

FICKLE HEROES

 

Was seit den 90ern auch hierzulande unter dem Namen Cosplay populär ist, hat seinen Ursprung in Japan, der Heimat des Manga und Anime. Grundsätzlich entstammt Cosplay dem Wunsch, etwas von dem Glanz und Abglanz fiktiver Comic-, Film- oder Videogamehelden aus der virtuellen in die physisch greifbare Welt zu holen. Obwohl bei der Fertigung der suits und costumes meist weder Kosten noch Mühen gescheut werden, gelingt ihnen dieser Wechsel der Welten nicht immer reibungslos.

Dennoch: Auch die vielfältigen Möglichkeiten rein digitaler Identifikation im virtuellen Raum bieten keinen Ersatz für diese Art der körperlich-physischen Einfühlung in einen Charakter. Wer auf diversen Cons, Coms und Messen auf diesen bunten Haufen trifft, begegnet einer eingeschworenen Gemeinschaft Gleichgesinnter voll sympathischer Leidenschaft und gesunder Selbstironie.


Girls Girls Girls

Drei Tage und drei Nächte auf der Hamburger Reeperbahn können für jemanden aus dem Bayerischen Wald aufschlussreich sein – das Leben pocht etwas schneller und intensiver als gewohnt, weltlichen Genüssen aller Art wird ungezwungener zugesprochen, den individuellen Neigungen deutlicher Ausdruck verliehen, kurzum: es passiert viel und viel auf einmal. Zwölf Zeichnungen sollen einen Eindruck davon geben, wie wir und unsere Artgenossen hin und wieder auch Wert auf betörende Äußerlichkeiten legen und nicht immer nur die tiefsinnigen Seiten des Lebens interessant finden, sondern auch die anderen – grade wenn sie den Reiz des Verbotenen tragen.

 

SPAM. nachricht von ghost.

 

Im vorletzten Jahrhundert wurde es geradezu zum Trend, in spiritistischen Sitzungen Kontakte mit Geistern aus dem Jenseits aufzunehmen. Ein Echo findet diese Mode in unserem digitalen Zeitalter, wenngleich die Kontexte nun etwas andere sind: Moderne User beschwören Nachrichten aus dem world wide web, deren physisch abwesende und deshalb körperlose Urheber sich nur selten identifizieren lassen. Avatare digitaler Identitäten suchen unter zweifelhaftem Motiv nach Kontaktaufnahme. Halbautomatisch geschriebene Spams reagieren mit kryptischen und individuell zurechtgeschnittenen Angeboten und Aufforderungen auf angebliche Bedürfnisse des Internetnutzers. Zwischen virtueller und greifbarer Wirklichkeit entstehen bisweilen Überschneidungen, nicht zuletzt dank der portablen Empfängermedien, welche die digitale Geisterwelt zum omnipräsenten Begleiter machen. 

Geborstene Ritter

Das Haupt des Tyrannen


Liebe unterm Baum

 Ist da WER?

 

Diese Bilderzählung aus 24 Zeichnungen handelt von der Intimität des eigenen Heims und den geheimen Neigungen, denen dort gefrönt werden kann. Die Enge der vier Wände hat gute und schlechte Seiten – Schutz vor neugierigen Blicken versus Isolation und die Frage, ob es noch eine Welt jenseits der Türschwelle gibt. Die einzelnen Bilder der Erzählung sind jedoch weniger durch eine stringente Handlung verbunden als vielmehr durch lose Zusammenhänge, punktuelle Berührungsstellen und absichtliche Zufälligkeiten.

Das ungleiche Paar

Hirngespinst und Hermeneutik

 

Unsinnige und unerwünschte Nachrichten gibt es seit Anbeginn der Schriftkultur, in diesen Tagen finden sie in den sogenannten Spams ihre wohl bekanntesten Vertreter. Wer sich allerdings die Mühe macht, den digitalen „Müll“ zu lesen, bevor dieser in den Papierkorb wandert, findet darin bisweilen dadaistisch anmutende (Un-)Sinnsprüche mit durchaus subversivem Potenzial. Doch wen darf man sich dabei als Absender vorstellen? Welche Korrespondenz würde sich aus einer Antwort ergeben? Und welche Vorstellungen können sie im Kopf des Lesers auslösen?